Physiknobelpreis 1921: Albert Einstein

Physiknobelpreis 1921: Albert Einstein
Physiknobelpreis 1921: Albert Einstein
 
Der deutsch-schweizerische Physiker erhielt den Nobelpreis »für seine Verdienste um die theoretische Physik, besonders für die Entdeckung des Gesetzes des photoelektrischen Effekts«.
 
 
Albert Einstein, * Ulm 14. 3. 1879, ✝ Princeton 18. 4. 1955; ab 1901 Patentamtangestellter in Bern, 1909 Professor in Zürich, 1911 Professor für theoretische Physik in Prag, dann wieder in Zürich, 1914 Direktor am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin, 1932 Emigration in die USA und Professor am Institute for Advanced Study in Princeton, ab 1940 US-Staatsbürger.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Im Jahr 1905 veröffentlichte der bis dahin in Fachkreisen völlig unbekannte Berner Patentamtangestellte Albert Einstein drei Arbeiten, deren jede ausgereicht hätte, ihm einen bleibenden Eintrag im Buch der Physikgeschichte zu sichern. Zugleich zeigen diese Arbeiten bereits die beachtliche Spannweite dieses unbestritten bedeutendsten Physikers des 20. Jahrhunderts, dem es gelang, wichtige Beiträge zu wenigstens drei großen Teilgebieten der Physik beizusteuern: Die Arbeit zum photoelektrischen Effekt enthält die Lichtquantenhypothese und gilt als Pionierarbeit der Quantentheorie. Die Arbeit zur Brownschen Molekularbewegung ist ein Meilenstein der Statistischen Physik und liefert eine theoretische Fundierung der damals noch durchaus umstrittenen Atomhypothese. Untrennbar aber ist Einsteins Name mit der Relativitätstheorie verbunden, deren spezielle Formulierung ihm ebenfalls im Jahre 1905 gelang. Zehn Jahre später bricht Einsteins Genie zu dem umfassenderen Ziel der Allgemeinen Relativitätstheorie durch, welche sein Lebenswerk krönt.
 
 Spezielle und Allgemeine Relativität
 
Die Arbeit zur Elektrodynamik bewegter Körper von 1905 enthält den entscheidenden Gedanken der Speziellen Relativitätstheorie (SRT), dass nämlich den Begriffen der absoluten Bewegung und der absoluten Gleichzeitigkeit nicht nur im Bereich der elektromagnetischen Phänomene keine Bedeutung zukommt — weshalb die uralte Vorstellung eines absoluten Lichtmediums, Äther genannt, aufgegeben werden muss —, sondern dass dies vielmehr für alle physikalischen Bezugssysteme gilt. Zu den wesentlichen Konsequenzen der SRT gehört, wie Einstein schon 1906 erkannte, die Gleichheit von Energie und träger Masse, formal E=mc2.
 
Nach der Entdeckung der Trägheit als Eigenschaft der Energie war es natürlich, auch nach ihrer Schwere — also der gravitativen Eigenschaft — zu fragen. Die entscheidende physikalische Einsicht zu einer sich hierauf gründenden Theorie hatte Einstein 1908 in Form des so genannten Äquivalenzprinzips: Träge und schwere Masse sind nummerisch und ihrem Wesen nach identisch. Nach Jahren intensiver Suche fand Einstein Ende 1915 die endgültige Form der Feldgleichungen. Die neu entdeckte Theorie, die Allgemeine Relativitätstheorie (ART), löste die Newton'sche Theorie ab und ist seither die gültige Feldtheorie der Gravitation. Sie zeigt Kovarianz unter der größtmöglichen raum-zeitlichen Transformationsgruppe — und ist insofern eine Verallgemeinerung der SRT —, ihr Charakteristikum aber ist die sich aus dem Äquivalenzprinzip ableitende Geometrisierung: eine dynamische Darstellung des Gravitationsfelds mittels der Krümmungseigenschaften der Raum-Zeit. Einsteins ART gilt als einer der größten Triumphe des menschlichen Geistses.
 
 Einstein und die Quantentheorie
 
Einsteins Arbeit von 1905 wird gelegentlich, trotz Max Plancks (Nobelpreis 1918) Entdeckung des Wirkungsquantums, als die eigentliche Geburtsstunde der Quantentheorie angesehen, denn die dort von Einstein vertretene These der Existenz von Lichtquanten (Photonen) war eine revolutionäre Behauptung über die wahrhaft quantentheoretische Natur des Lichts — und sie erklärte die Unabhängigkeit der Elektronenenergie von der Lichtintensität beim photoelektrischen Effekt. Auch 1916 griff Einstein in die Entwicklung der Quantentheorie ein mit einer bedeutenden Arbeit zur spontanen und induzierten Strahlungsemission, welche als Grundlage der späteren Lasertechnik angesehen werden kann. Mit der Kopenhagener Deutung der Quantentheorie, die einen gewissen Bruch mit philosophischen Realismuspositionen bedeutete, konnte sich Einstein niemals zufrieden geben. Er vermutete, dass die Quantentheorie noch unvollständig sei. Einsteins Beiträge zur statistischen Physik berühren sich mit denjenigen zur Quantentheorie: Seine Arbeit zur Brown'schen Bewegung von 1905 ist ein theoretischer Beleg der Atomhypothese und seine Untersuchung zur Theorie der spezifischen Wärmen im Jahr 1907 eine erste Ausweitung der Quantenhypothese auf feste Körper. Als Einstein 1924 auf die Arbeiten des indischen Physikers Satyendra Nath Bose aufmerksam geworden war, entstand die Bose-Einstein-Statistik, die auf der Ununterscheidbarkeit quantenphysikalischer Objekte beruht.
 
 Der »Weltweise«
 
Seit 1910 wurde Einstein immer wieder für den Nobelpreis nominiert. Als dieser ihm dann 1922 für das Jahr 1921 zugesprochen wurde, bezog sich die offizielle Begründung auf seine Arbeit zum photoelektrischen Effekt. Es ist kurios, dass Einstein den Nobelpreis für die von ihm später bekämpfte Quantentheorie und nicht für die Relativitätstheorie bekam, aber das Nobelpreiskomitee hatte sich schwer damit getan, ihn für seine bedeutendste Leistung zu ehren, da deren empirische Bestätigung immer noch nicht stichhaltig genug schien.
 
Durch die ART erlangte er ab 1919 Weltruhm, als die vorausgesagte Lichtablenkung im Schwerefeld der Sonne experimentell bestätigt werden konnte. Die Presse in Europa und den USA feierte ihn als zweiten Isaac Newton und seither haftete Einstein das Klischee des »weltweisen« Wissenschaftlers an. Diese ihm ansonsten unliebsame Popularität wusste Einstein zur Verfolgung seiner pazifistischen und zionistischen Ideale durchaus einzusetzen. Sein Ruhm konnte allerdings nicht verhindern, dass er als jüdischer Wissenschaftler unter dem zunehmenden Druck der Nationalsozialisten 1932 aus Deutschland emigrieren musste. Die damit verbundene Ächtung »jüdischer Physik« in Deutschland gehört zu den beschämendsten und absurdesten Verirrungen in der deutschen Wissenschaftsgeschichte.
 
Einsteins Furcht vor den Nazis war größer als sein Pazifismus, was ihn 1939 dazu brachte, einen von dem amerikanischen Physiker Leo Szilard verfassten Brief an Franklin Delanoe Roosevelt zu unterzeichnen, der den US-Präsidenten auf die Gefahr einer möglichen deutschen Atombombe hinwies und einen entscheidenden Anstoß für das dann anlaufende Los-Alamos-Projekt gab, das 1945 in den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki gipfelte. Wissenschaftlich war Einstein seit den 1920er-Jahren zusehends isoliert. Seine ART empfand er als vorläufige Theorie des Gravitationsfelds, die Suche nach einer einheitlichen Theorie aller Felder schien ihm geboten. Dabei wollte er aber der Forschermehrheit, die seither eine quantentheoretische Lösung anstrebt, nicht folgen. Der große Weltweise war am Ende da, wo er begonnen hatte: zurückgeworfen auf sein eigenes, einsames Gedankenreich.
 
H. Lyre

Universal-Lexikon. 2012.

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